Der Entwurf für das Bismarcknationaldenkmal von Walter Gropius
Anlässlich der Feier zum 100. Geburtstag im Jahre 1915 wurde deutschlandweit bereits ab 1909 ein Wettbewerb zur Errichtung eines Bismarck-Nationaldenkmals ausgeschrieben, ein politisch besonders aufgeladenes Projekt, bei dem sich althergebrachte künstlerische Vorstellungen von Monumentalität progressiveren Auffassungen der Bauaufgabe gegenüberstanden. In der Wettbewerbsausschreibung, die Mitte September 1909 veröffentlicht wurde, war sowohl die Fernwirkung des Denkmals mit dem geplanten Bauplatz auf einer Anhöhe über dem Rhein, als auch die Verwendung regionalen Materials aus rheinischen Steinbrüchen vorgegeben. Ein Jahr später, am 30. November 1910, schloss der Wettbewerb mit der erstaunlich hohen Zahl von 374 Einsendungen (s. , S. 77 sowie , S. 109). Die Entwürfe stammten sowohl von Größen der Architektur um 1900 wie , und sowie Vertretern einer progressiveren Architektur der anbrechenden Moderne wie oder .
reichte seinen Entwurf (: , Cod. Ser. n. 41.310 Stück 1r und ) mit dem Motto bzw. Kennwort „Fest gemauert“ zusammen mit ein und präsentierte dabei ein Gebäudeesemble, das um einen Festplatz herum arrangiert wurde (: , Cod. Ser. n. 41.310 Stück 3r und ). Eine langgestreckte, hell gehaltene Halle mit Kolonnadengang wird in einen dunklen, von schweren, wuchtigen Türmen flankierten halbrunden Gebäudeteil überführt, wobei der Hell-Dunkel-Kontrast der Anlage besonders inszeniert wurde (: , Cod. Ser. n. 41.310 Stück 2r und ). Für das Innere der halbrunden Gedenkhalle sah der Entwurf eine Plastik vor, die als „Schmied des Reiches“ heroisch-verklärend darstellen sollte (, S. 241). Der Entwurf zeigt stilistisch die starke Auseinandersetzung von und mit dem Œuvre ihres Lehrers und dessen Vorstellung von monumentaler Architektur. Die Preisrichter lobten zwar die „Entwicklung des Festplatzes und den Abschluss nach dem Waldesrand hin“, dennoch schied der Beitrag von und früh aus (, S. 242, zur Bedeutung innerhalb von Frühwerk, s. ebd.). Stattdessen gewann der Entwurf „Siegfried-Dolmen“ des Architekten und des Bildhauers , der zweite und dritte Preis wurden jeweils an zwei Entwürfe vergeben (s. ausführlich , S. 94–96). Gebaut wurde das Bismarckdenkmal nie und stellt damit in der Geschichte der monumentalen Nationaldenkmäler einen Schlusspunkt dar.
Innerhalb der Korrespondenz mit erwähnte seine Entwürfe zum Bismarckdenkmal mehrmals, zuerst am 25. Juli 1910, also eine Woche nach seiner Abreise aus Tobelbad: Ich werde die große Bismarck\denkmal/konkurrenz mitmachen, so kühn es vielleicht ist, damit ich etwas arbeite, daß [!] dieser großen \besten/ Zeit meines Lebens würdig ist (WG18). Erst im Herbst schien sich wieder mit dem Entwurf für das Denkmal zu befassen, wie seine Briefentwürfe vom September (WG75), Oktober (WG82) und November (WG95, WG104) 1910 belegen, in denen das Bismarckdenkmal wieder thematisiert wurde. war die Meinung zu seinem Entwurf offensichtlich sehr wichtig, weshalb er mehrmals nachhakte: Warum auf meine Briefe nie eingegangen? […] Bismarckdenkmal (WG82 vom frühestens 9. Oktober 1910, s. auch WG104 vom 17. November 1910). Weiter heißt es: Schreibe mir über [Bismarck-]Denkmal; ich will Dein Urteil hören. ich schwöre Dir keine zweite Frau giebt es, die ich um diesen Dienst bitten würde (WG95 vom 6. bis 8. November 1910). blieb ihre Antwort, zumindest in den Briefen, schuldig und bemerkte nur an zwei Stellen, dass sie sich Skizzen seiner Entwürfe wünschte (AM21 vom 17. und AM22 vom 19. August 1910). Dennoch liefert die Korrespondenz Aufschlüsse über die Datierung der Arbeit an den Denkmalsentwürfen, die bisher vage im Spätsommer 1910 vermutet wurde (, S. 243) und sich nun anhand der Briefe deutlicher nachvollziehen lässt.
Abb.: Walter Gropius und Adolf Meyer, Entwurf für das Bismarck-Nationaldenkmal auf der Elisenhöhe bei Bingen am Rhein, eingesendet unter dem Kennwort „Festgemauert“ (1910); Blick vom Rhein.
Abb.: Walter Gropius und Adolf Meyer, Entwurf für das Bismarck-Nationaldenkmal auf der Elisenhöhe bei Bingen am Rhein, eingesendet unter dem Kennwort „Festgemauert“ (1910); Blick vom Innenhof auf das Denkmal.
Abb.: Walter Gropius und Adolf Meyer, Entwurf für das Bismarck-Nationaldenkmal auf der Elisenhöhe bei Bingen am Rhein, eingesendet unter dem Kennwort „Festgemauert“ (1910); Blick vom Fuß der Elisenhöhe.